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11.05.2016 - Reutlinger Nachrichten

Mit dem Tag der offenen Tür am 5. Juni startet das Naturtheater in die Sommersaison. Gezeigt werden "Cabaret" und das Märchen "Aladin".


Tanz auf dem Vulkan

KATHRIN KIPP

Mit der Inszenierung des Musicals

Mit der Inszenierung des Musicals "Cabaret" hat sich Regisseurin Susanne Heydenreich einen langgehegten Wunsch erfüllt / Foto: NTR

Mit 35 Veranstaltungen sind es diese Saison ein paar weniger als im Zuschauerrekordjahr 2015. Das Mitternachts-Special legt eine Pause ein, und das Konzert mit Patti Smith fällt ganz aus: Die Sängerin hat alle Deutschland-Termine abgesagt.


Aber sonst ist neben den beiden Hauptstücken wieder allerhand geboten: Tag der offenen Tür (5. Juni), SWR 3 Live Lyrix (29. Juni) und die Musical Night (29. Juli). Wer dafür noch Karten will, müsse sich ein wenig sputen, sagt Naturtheater-Vorsitzender Rainer Kurze: Für die Live Lyrix seien nur noch 70 Karten da. Und auch sonst läuft der Vorverkauf gut: 9300 Karten sind schon weg. Da gibt's in der Verwaltung jede Menge zu tun, das NTR hat deshalb ab Juni einen hauptamtlichen Geschäftsführer, Tilmann Scheck, der die Finanzen bisher ehrenamtlich betreut hat. Mit einem neuen Kartensystem kann man die Karten jetzt platzgenau zuhause ausdrucken. Dafür und für die Erweiterung der Toilettenhäuschen und andere Bauarbeiten wurden 2015 und 2016 insgesamt 250 000 Euro locker gemacht.

 

Im Zentrum der Wasenwald-Festspiele stehen aber die beiden Theaterstücke: "Cabaret" für die Erwachsenen ist von 1966, die Musik stammt von John Kander, die Liedtexte von Fred Ebb, der Text basiert unter anderem auf dem Buch "I am a Camera" von John van Druten (1951). Berlin, Ende der 20er Jahre: Der amerikanische Schriftsteller Cliff Bradshaw trifft im Kit-Kat-Club auf die Sängerin Sally Bowles. Ihre Liebe hat aber vor dem Hintergrund des aufkeimenden Nationalsozialismus ebensowenig Chancen wie die ihrer Pensionsmitbewohner, die scheitert, weil Herr Schultz Jude ist: "Am Ende hat jeder verloren", sagt Susanne Heydenreich.

 

Das Musical auf die Naturtheaterbühne zu bringen, ist schon lange ein Wunschtraum der Regisseurin, weil es nicht nur leichte Unterhaltung, sondern auch einen politischen Hintergrund bietet und statt weichgespülter Musik "grandiose und pfeffrige" Songs. 1972 kam der oscarprämierte Film mit Liza Minelli in die Kinos, und Susanne Heydenreich hat ihn sich damals "fünf Mal" angeschaut. Unbedingt habe sie ebenfalls die Sally singen und spielen wollen, was sie nach dreimaligem Vorsingen in Krefeld dann auch geschafft hat: mit Ulrich Matthes als Conferencier, dem "sarkastischen Mephisto ohne menschliche Regung".

 

Generell sei "Cabaret" kein Musical, "das nach Perfektion strebt", spielt es doch in einem "zweitklassigen Club, verrucht und verqualmt, wo die Bürgerlichen hingingen, um ihre niedrigen Instinkte auszuleben". Heydenreich jedenfalls verspricht einen "Tanz auf dem Vulkan". Bei den Figuren wolle sie jeweils herausarbeiten, wer sie sind, was sie wollen und was sie jeweils antreibt. Es sei kein ausschließlich politisches Musical, dennoch: "Geschichte wiederholt sich."

 

Und das Stück "mahnt uns: wachsam sein und mitreden". Sie verzichtet auf konkrete Anspielungen auf aktuelle Stimmungen, das könnten sich die Zuschauer schon selbst zusammenreimen. Generell erwartet sie vom Theater Inhalte, "echte Empfindungen, Wahrhaftigkeit und Authentizität", und das versucht sie auch, mit "Cabaret" zu bieten. Gesungen wird live: Alexander Reuter kann dabei auf längere Gesangserfahrungen bauen, schließlich probt er mit den Naturtheatlern schon seit 2004. Es sei zwar ein "zweitklassiger Club", wo sich alles abspielt. Das sei aber kein Grund, nicht "erstklassig zu singen". Die Choreographien der Tanzgirls hat wieder Carmen Lamparter einstudiert, insgesamt in eher reduzierter Schwarz-Weiß-Atmosphäre (Bühne: Tim Czarnotta).

 

Dafür geht's im Kinderstück "Aladin" ziemlich bunt zu, nicht nur bei der äußerst wandelbaren Dreh- und Klappbühne und den anderen Aufbauten, sondern auch die Kostüme von Sibylle Schulze sind orientalisch gefärbt und mit viel Glitzer und Glitter geschmückt. Ambrogio Vinella führt nicht nur die effektorientierte Regie, sondern hat auch den Text eigens auf die 47 großen und kleinen Mimen zugeschrieben. Dabei orientiert er sich an den Märchen aus 1001 Nacht und bietet eine knallig bunte Inszenierung auf mehreren Erzählebenen.

 

Mikael Bagratuni sorgt mit seiner "epischen Musik" für die entsprechende Stimmung, und das Ganze steigert sich bis zum Finale, bei dem sich alle einen knackigen Säbelkampf liefern und optisch jede Menge geboten ist. Dass alles gut aussieht, den Kids auf der Bühne aber trotzdem nichts passiert, dafür sorgt Kampf-Choreograph Stefan Müller-Doriat.




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