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27.06.2016 - Reutlinger Nachrichten

Nach dem Märchen der Wolkenbruch

Premiere am Naturtheater Reutlingen: "Aladin und die Wunderlampe" - ideenreich inszeniert

 

KATHRIN KIPP

Szene aus dem neuen Kinderstück des Naturtheaters Reutlingen

Szene aus dem neuen Kinderstück des Naturtheaters Reutlingen "Aladin und die Wunderlampe" / Foto: Kathrin Kipp

Das erlebt man selten in der Morgenland-Wüste, dass es so heftig regnet und hagelt. Aber pünktlich zum Schlusswort der Premiere des Märchens aus 1001 Nacht ging auch schon der epochale Wolkenbruch los, und es prasselte auf die Naturtheaterbühne herunter, als gäbe es kein Morgen.


Die Darsteller und Akteure sind ja wirklich einiges gewohnt an widrigen Witterungsbedingungen, aber für den Schlussapplaus stellten sie sich dann doch lieber unter das schützende Dach der Zuschauertribüne, die einmal mehr den Laden trocken hielt. Aber schon zuvor erlebten die Zuschauer ihr blaues Wunder mit „Aladin“, den Regisseur Ambrogio Vinella in eigener Textfassung inszeniert hat: spannend und abwechslungsreich, mit vielen Tricks und Überraschungs-Effekten, Massenszenen und bunten, glitzernden Kostüm-Bildern (Sibylle Schulze), formschönen Bauchtanzeinlagen, dramatischer Musik (Mikael Bagratuni) und knackigen Kampfszenen (Stefan Müller-Doriat).

 

Auf der Empore steht Scheherazade (Janina Poliak) mit ihren goldig-edlen Hofdamen und erzählt dem Kalifen die Geschichte von Aladin, als es auch schon los geht. Der wackere Lausebengel Aladin (Felix Dreher) kommt mit allerhand Volk und seiner Gang (Thomas Kahlert, Emil Schneider, Mario Speidel) auf die Bühne, hat gerade mal wieder jede Menge Chaos veranstaltet und sich Ärger eingehandelt. So einer wie der Aladin steht ja immer mit einem Bein im Sultans-Knast. Aber sein Motto lautet „Denk an das Gute und du versetzt Berge“, und so kann er sich aus jeder noch so großen Gefahr herauswinden, als mutiger Bursche, der nicht auf den Kopf gefallen ist.

 

Trotzdem muss er vor dem beliebten Sultan (Robert Dreher) und dem bösen Großwesir Karunkel (Hartmut Pohnke) antanzen, der seinerseits auf den Sultansjob spekuliert und deshalb allerlei Intrigen ausheckt. Aber Aladin hat Glück im Unglück: am Hof des Sultans begegnet er nämlich dessen schöner Tochter, in die er sich sofort verknallt.

 

Es kommt zu einer Romeo- und Julia-Szene mit Rosen, Leiter und Balkon. Aladin hat natürlich als armes Ghetto-Kid keine Chance auf die Edeldame. Währenddessen schwebt der böse, nebelumhüllte Zauberer Il Barbar (Pascal Muckenfuß) auf seinem fliegenden Teppich über das Seitendach der Naturtheater-Bühne und überlegt, wie er an seine Wunderlampe kommen könnte, ohne sich selbst die Hände schmutzig zu machen: Aladin wird für die abenteuerliche Mission auserkoren, dessen Mutter noch schnell mit einem Säcklein Gold bezirzt wird. Und schon muss sich Aladin in der Drehbühnen-Höhle des Naturtheaters gegen ein süßes, schrilles, lustiges, wortspielverliebtes und in-sich-zerstrittenes Dreikopf-Monster herumschlagen und gegen einen sechsbeinigen grünen Drachen kämpfen. Aber es ist wie so oft im Leben: "Der Drache will nur spielen", und alles, was Angst macht, entpuppt sich meistens als völlig harmlos.

 

Aber die größte Prüfung steht noch bevor: Der Wunderknabe muss dem Gold in der Höhle widerstehen, er darf nur die Zauberfrüchte und die Lampe mitnehmen. Aber Aladin schafft auch das, denn er ist "jung und reinen Herzens" und kann sich gut auf seine Zentralaufgaben fokussieren. Zurück bei Mutti wird als erstes natürlich die staubige Lampe geputzt und schwupp: Mit viel Genebel und Geknalle entspringt ihr der knallblaue Lampengeist, so wie es überhaupt die ganze Zeit naturtheatermäßig heftig knallt, dampft und blitzt (und im Hintergrund leider auch schon donnert).

 

Der schaumbadbegeisterte Lampengeist (Jan Bayer) und der grellbunte Ringgeist-Hippie (Heiko Raiser) erfüllen Aladin allerlei "wohlüberlegte"!! Wünsche, errichten wunderblaue Traumschlösser und verhelfen ihm zu den materiellen Argumenten, die Aladin braucht, um den Vater von Prinzessin Sheila (Annika Schlosser) von sich als gute Partie zu überzeugen. 

 

Aber kaum hat man den hysterischen Karunkel vertrieben, wartet auch schon das nächste Abenteuer. Der böse Zauberer will natürlich seinen Lampengeist zurück und damit die Weltherrschaft erlangen – und: zack, werden Prinzessin und Lampe entführt, das blaue Schloss löst sich in Luft auf und Ambrogio Vinella führt die Protagonisten und die Zuschauer in eine unwirkliche Zwischenwelt, wo nicht alles mit rechten Dingen zugeht und in dem sich sogar Erzählerin und Erzählter begegnen können – eine interessante Seitenepisode. Aber Aladin befreit seine Prinzessin, sämtliche Geister und auch das süße Äffchen (Pelin Kilavuz) von ihrem Fluch, bekämpft Karunkel und den Zauberer in einem amtlichen Schwertduell und schmeißt mit dem Sultan, der Prinzessin und dem Volk eine große Schluss-Party – als auch schon die Wassermassen über sie hereinbrechen.

 

Und wenn sie nicht fortgespült wurden, dann feiern sie noch heute. Danach konnten sich auch die Zuschauer ins Abenteuer stürzen: Irgendwie durch den Regen unbeschadet zum Auto zu kommen.

Das Stück für kleine Zuschauer ab vier Jahren ist bis 20. August zu sehen / Foto: Kathrin Kipp

Das Stück für kleine Zuschauer ab vier Jahren ist bis 20. August zu sehen / Foto: Kathrin Kipp




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