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Da sind sie ja auf eine wahre Schatztruhe gestoßen: das Naturtheater-Ensemble märchenhaft gewandet in dem Kinderstück

Da sind sie ja auf eine wahre Schatztruhe gestoßen: das Naturtheater-Ensemble märchenhaft gewandet in dem Kinderstück "Aladin" / Foto: Niethammer

27.06.2016 - Reutlinger General-Anzeiger

Freilichtbühne - Das orientalische Märchen "Aladin" verzaubert die Zuschauer im Naturtheater Reutlingen


Erzählen, um zu überleben

VON MIRIAM STEINRÜCKEN

 

"Wo ist der kleine Muck?", will der Kalif wissen und seine Frau fürchtet um ihr Leben. Denn ohne die Sieben-Meilen-Stiefel der Märchenfigur köpft der Herrscher von Bagdad seine Gattin kurzerhand. So hat er es mit all seinen Verflossenen gehalten. Doch Scheherazade ist klüger als ihre Vorgängerinnen aus "Tausendundeiner Nacht" und hält ihren jähzornigen Herrn hin mit dem Märchen von "Aladin und der Wunderlampe". Die Geschichte von Abenteuer, Liebe und Magie verfolgten auch 800 Zuschauer gespannt im Naturtheater Reutlingen bei der Premiere am Freitag.


Es geht um den Straßenjungen Aladin, der einen Zaubergeist aus einer alten Öllampe befreit. Zum Dank gibt der Dschinn Aladin Reichtum, Macht und die Tochter des Sultans zur Ehefrau. Doch dann stiehlt ein mächtiger Zauberer die Lampe. Kann Aladin die Prinzessin und seine Schätze zurückerobern? Arm gegen Reich, Gut gegen Böse: Jedem Märchenkenner ist klar, wie der Kampf ausgeht.

 

Regisseur Ambrogio Vinella hat "Aladin" umgeschrieben: Die kurzen Sätze und schlichten Worte sind leicht verständlich für Kinder. Auch wenn manche Wendung etwas altertümelnd und gedrechselt daherkommt, um den Zeit- und Ortswechsel zu signalisieren. Die Illusion perfekt macht Kostümbildnerin Sibylle Schulze mit hautengen Saris, weiten Pluderhosen und kunterbunten Flatterkleidern. Alle in Handarbeit gefertigt und bestickt mit glitzernden Pailletten.

 

Arabische Stadtkulisse

 

Die arabische Stadtkulisse hat Bühnenbildner Tim Czarnotta naturalistisch nachgebaut. Als Multitalent erweist sich die Drehbühne: Auf der einen Seite zeigt sie die Höhle mit Wunderlampe, auf der anderen Aladins Haus. Die Wände sind mit Sanddünen bemalt; werden sie aufgeklappt, erscheint ein Palast.

 

Bunt, lebendig und laut geht es zu auf der Freilichtbühne. "Ein Spektakel für Augen und Ohren" will Vinella seinem Publikum bieten. Actionreiche Kampfszenen und Spezialeffekte peppen die klassische Inszenierung auf. Feuer und Rauch kündigen den Einzug von Zauberern und Geistern an. Mit Magie hat das aber nichts zu tun, sondern mit Fastnachtsböllern. Für Lacher sorgen auch Slapstick-Einlagen und Anspielungen auf die moderne Popkultur von David Copperfield bis "Sesamstraße".

 

Das Ensemble besteht aus 50 Amateurschauspielern, größtenteils Kindern. Bei einigen wirken Übertreibung und pathetische Deklamation unnatürlich, aber die meisten liefern eine solide Darstellung ab. Richtig gut verkörpert Pascal Muckenfuß den Zauberer, habgierig, rücksichtslos und heimtückisch. Überzeugen können auch seine Widersacher: Bodenständig spielt Ute Raiser Aladins Mutter. Mit schwäbischem Dialekt fällt sie aus der Rolle und wird vom Publikum mit Lachern belohnt.

 

Heiko Raiser flattert als Ringgeist im gelben Umhang umher wie ein Riesen-Zitronenfalter. Und als Lampengeist imponiert Jan Bayer mit kraftvollen, weit ausgreifenden Bewegungen im fliegenden Derwisch-Rock.

Eine letzte Wundertat

 

Mit seiner letzten Wundertat verwandelt der Dschinn alle Geister in ihre ursprüngliche Gestalt zurück. Ein Affe entpuppt sich als der kleine Muck und der Ringgeist als Sindbad, der Seefahrer. Mit diesem Kniff gewinnt die Erzählerin Scheherazade zweierlei: eine runde Geschichte, denn mit dem kleinen Muck führt das Ende in einer Kreisbewegung zum Anfang zurück.

Und einen weiteren Tag Lebenszeit, denn mit Sindbad beginnt ein neues Märchen. Um es zu hören, wird der Kalif Scheherazades Hinrichtung um eine Nacht aufschieben. Wie insgesamt 1 001 Mal. (GEA)




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