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30.06.2014 - Reutlinger General-Anzeiger

Naturtheater - Kindermusical »Der kleine Vampir« feiert mitreißende Premiere im Wasenwald


Fledermäuse im Bauch

VON JAKOB FUCHS

 

Es war ein Fest! Als kurz vor 22 Uhr der Vorhang im fast vollen Reutlinger Naturtheater gefallen war, sah man bei Publikum und Mitwirkenden vor allem eines: glückliche Gesichter. Und das lag an der gelungenen Premiere des Kindermusicals »Der kleine Vampir«, die am Ende die Zuschauer von den Stühlen riss.

Ganz schön gruftig: Der Vampir-Clan derer von Schlotterstein in den Kostümen von Sibylle Schulze / Foto: Markus Niethammer

Ganz schön gruftig: Der Vampir-Clan derer von Schlotterstein in den Kostümen von Sibylle Schulze / Foto: Markus Niethammer

Die Geschichte: Eines Tages bekommt der neunjährige Vampir-Fan Anton Bohnsack – die Eltern sind gerade im Kino – unverhofft Besuch von Rüdiger von Schlotterstein (Thomas Kahlert). Rüdiger ist ein waschechter Vampir seit Kindestagen und gar nicht richtig gruselig. Die beiden freunden sich rasch an. Anton (Felix Dreher) lernt zu fliegen wie ein Vampir, bekommt Rüdigers Zuhause, nämlich die Gruft derer zu Schlotterstein zu sehen, und schlussendlich macht Anton auch Bekanntschaft mit Rüdigers Familie, vor allem mit seiner kleinen Schwester Anna sowie dem pubertierenden Bruder Lumpi.

 

Gefährlicher Akzent

Das Problem des ganzen Vampir-Clans: Friedhofswärter Geiermeier (Hartmut Pohnke) und dessen ehrgeiziges Ziel, den Friedhof vampirfrei zu machen. Dabei soll ihm sein neuer unbeholfener Assistent Schnuppermaul helfen, den er aus Stuttgart anheuerte. Geiermeiers vom Publikum gern gehörte Warnung: »Vorsicht, da spricht man einen gaaanz gefährlichen Akzent!«

Der Naturtheater-erfahrene Ambrogio Vinella entwickelte das Stück auf Grundlage der Bücher von Angela Sommer-Bodenburg und ergänzte die Originalgeschichte so, dass knapp 40 Mitwirkende ihren Platz in der Geschichte und auf der Bühne finden. Das klappt wunderbar, sodass die große Naturtheaterbühne eigentlich immer sehr gut ausgefüllt war. Ungleich schwerer ist der Transfer der nächtlichen Stimmung im Original auf eine taghelle Bühne, aber schon nach wenigen Szenen ist dieser Fehler im System vergessen.

Die erste Hälfte des Stücks dominieren die gespielten Passagen, sicher auch, um die Handlung für Groß und Klein leicht verständlich zu machen. Im zweiten Teil überwiegen dann Tanz und Musik (Komponist: Felix Löwy; Texte: Anselm Nadj), und entweder gesteht dann Vampirmädchen Anna (Julia Stirmlinger) Anton romantisch ihre Liebe (»Ich hab Fledermäuse im Bauch« in der Ballade »Was ich am meisten an dir mag, bist du«), oder aber die Bühne rockt und das Publikum klatscht begeistert mit wie bei »Musik im Blut«!

Beachtlich ist, dass alle Passagen live gesungen sind, und nur ganz zu Beginn des Abends gingen hier und da einzelne Töne daneben. Der Wirkung der Musik, einem Mix aus Musical, Rock und Pop, tat das überhaupt keinen Abbruch. Alle Titel sind an der Theaterkasse auch als CD erhältlich.

 

Vampirmädchen trinkt Milch

»Der kleine Vampir« ist ein Musical für die ganze Familie: Während sich die jüngeren Gäste vor allem über die kleinen Pyroeffekte und die witzigen Texte von Geiermeier und Schnuppermaul freuen (»Oh je, des gibt wieder Überstunda. Und i sott doch no Hasafutter kaufa.«), begeistern sich die älteren Zuschauer für die tollen Tanzszenen (Choreografien von Carmen Lamparter), bei denen auch immer eine Gruppe teilweise sehr kleiner und sehr knuffiger Fledermäuse mithüpfte. Und alle müssen schmunzeln, wenn die kleine Anna von Schlotterstein – so jung, dass sie noch kein Blut saugt – in ihrem Sarg nach einem vollen Trinkpäckchen Milch sucht. Es ist einfach die Liebe zum Detail, die Spaß macht.

Zum Finale wurde am Freitagabend von der ganzen Vampircrew gesungen: »Jedes Ende ist ein Anfang«. Es war der Anfang von insgesamt vierzehn Vorstellungen von »Der kleine Vampir«, einer wirklich tollen Produktion, die das Programm des Reutlinger Naturtheaters in diesem Sommer sehr bereichern wird. Und sich die Standing Ovations wirklich verdient hat. (GEA)




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