11.06.2008 - Reutlinger Nachrichten

"Les Misérables" feiert am 22. Juni im Naturtheater Premiere

Revolution im Wasenwald

Von Jürgen Spiess

Der Countdown für "Les Misérables" läuft: Die neue Zuschauerhalle steht, die Kostüme sind genäht, Regisseurin Susanne Heydenreich feilt an letzten Details. Am 22. Juni feiert Victor Hugos Meisterwerk Premiere.

Der Vorlage des Romans gerecht zu werden und eine Geschichte zu erzählen, ohne weich zu spülen: Susanne Heydenreich hat ganz klare Vorstellungen, wie sie Victor Hugos "Les Misérables" auf die Bühne des Naturtheaters bringen will.

Jedenfalls nicht als Musical, das war von Anfang an klar: "Mit der bekannten Musicalfassung hat unser Theaterstück nichts zu tun", bekräftigt die Regisseurin.

Victor Hugos voluminöser Klassiker zählt zu den am häufigsten aufgeführten Romanen der Weltliteratur. Neben mehreren französischen Filmversionen existieren indische, ägyptische, italienische, japanische und englische Versuche. Die Story gibt es als Operette, am bekanntesten wurde die Musicalfassung aus dem Jahre 1985. Nur an eine Theateraufführung trauten sich bisher nur wenige, "da das schwerer umzusetzen ist als ein Musical", sagt Heydenreich. Kein Wunder also, dass diese Aufführung für sie "eine große Herausforderung und Herzensangelegenheit bedeutet".

So hat sich die künstlerische Leiterin des Naturtheaters mehr als ein Jahr intensiv mit dem 1627 Seiten umfassenden Roman beschäftigt. Die Proben laufen seit November vorigen Jahres.

Der Regisseurin war es wichtig, hinter die Fassaden des Romans zu blicken. Die Änderungen gegenüber der Textvorlage von Cornelia Wagner stammen somit alle aus dem Roman selbst. Dagegen ist die Handlung weit gefasst: Sie enthält Elemente eines spannenden Krimis, aber auch eines Liebes- und Abenteuerromans. Als roter Faden dient die Geschichte des ehemaligen Bagno-Sträflings Jean Valjean, einem von der Gesellschaft gebrandmarkten und dadurch innerlich verhärteten Mann.

Gezeigt werden auch historische Schlachten, die Pariser Barrikadenkämpfe von 1832, das Elend Einzelner aus den untersten Bevölkerungsschichten und das ausschweifende Leben der damals Herrschenden.

Insgesamt 30 Darsteller spielen auf der neu konzipierten Freilichtbühne (mit neuer Kuppel), und hinter den Kulissen sind nochmal fast ebenso viele Helfer aktiv. Die Auswahl der klassischen Musik, aber auch Songs von der finnischen Metalband "Apocalyptica" und "Dire Straits" hat ebenfalls Susanne Heydenreich zusammengestellt. Ein Lied - natürlich die Marseillaise - wird gesungen, ansonsten schallt es instrumental aus den Boxen.

Für die insgesamt rund 300 Kostüme (jeweils 150 für "Les Miserables" und 150 für "Jim Knopf") zeichnen die seit 50 Jahren fürs Naturtheater aktive Trude Heck und Lucia Tunas verantwortlich.

Ein enormer Aufwand und viel Arbeit für die Beteiligten des Reutlinger Amateurtheaters. Vor allem deswegen, weil das Naturtheater während der Probephasen durch den Bau der neuen Zuschauerhalle einer einzigen Baustelle glich.

Trotzdem wird es gegenüber vergangenem Jahr keine Preiserhöhungen geben. Die Rabattstaffelung wurde etwas verändert, ansonsten bleiben die Preise mit 9 bis 15 Euro für "Les Misérables" und 6 bis 10 Euro für das Kinderstück gleich. Neu ist, dass das Kindertheater eine Vormittagsvorstellung am 16. Juli um 10 Uhr ins Programm nimmt.

Auch das traditionelle Sonderprogramm wird es wieder geben: Es startet am 12. Juni mit der Folkmetal-Band "Metsatöll", die gemeinsam mit dem 50-köpfigen Estnischen Männerchor auftritt. Weiter gehts am 29. Juni mit einem Schwäbischen Frühschoppen, bei dem ab 11 Uhr Wilhelm König für scharfsinnige Lyrik sorgt. Bereits zum fünften Mal steigt am 18. Juli die traditionelle Musical-Night, und am 16. August um 23 Uhr gibt es ein Mitternachts-Special mit viel Livegesang.

Die Premiere der zweiten Naturtheater-Produktion - das von Paul Siemt inszenierte Kinderstück "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer" nach Michael Ende - wird am 27. Juni um 20 Uhr, also fünf Tage später, an selber Stelle stattfinden.