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30.10.2007 - Reutlinger Nachrichten

Bühne - Das Naturtheater Reutlingen zeigt das Indoor-Stück "Boeing Boeing"


Ziemlich viel Stewardessen im Anflug

Liebesglück im fliegenden Wechsel und viel Türengeklapper gibts im neuen Indoor-Stück des Naturtheaters, der Boulevardkomödie "Boeing Boeing".

 

Von Kathrin Kipp

 

Bernard ist Junggeselle, hat mächtig viele Flugzeuge in seinem Bauch und hält sich deshalb eine kleine, aber internationale Flotte von drei Stewardessen, die nichts voneinander ahnen.

 

Die Besuchszeiten der Damen regelt der Bonvivant strikt nach Flugplan - ein logistisch anspruchsvolles Unterfangen, das durch den Einfluss höherer Gewalt durchaus auch mal durcheinander geraten und zu einem leicht erhöhten Stewardessenvorkommen in seiner schicken Bude führen kann. Zahlreiche Verschiebeaktionen und noch mehr Türengeklapper sind die Folge. In Marc Camolettis Lustspiel von 1960 bekommt Bernard zwar sowohl die Unterstützung von seinem Schulfreund Robert, der ihm bereitwillig die ein oder andere Dame abnimmt, als auch die widerwillige Hilfe von Haushälterin Berthe.

 

Aber trotzdem: Bei so vielen Stewardessen im Anflug entgleist die Situation zusehends, und Bernard verliert die Kontrolle. Aber wie das im komödiantischen Leben eben so ist: Je größer das Chaos, desto ergiebiger läuten am Ende die Hochzeitsglöckchen.

 

Regie-Urgestein Werner Johst hat "Boeing Boeing" mit Tempo und einem sehr engagierten Ensemble auf die Bühne gebracht, auf der alles da ist, was ein solcher Schwank begehrt: Eine Wand aus weißen Baumarktpaneelen mit vielen Türen, die in fein abgestimmter Choreographie und mit viel Fluglärm auf- und zufliegen können. Dazu ein zentriertes Soap-Sofa, auf dem die jeweiligen Liebeskonstellationen nach Herzenslust herumtoben können, sowie eine Einrichtung jenseits der Grenzen des guten Geschmacks mit den neusten Trends aus dem Möbeldiscounter.

 

In dieser Plastik-Chrom-Idylle gehts zu wie auf dem Damen-Verschiebebahnhof: Holger Schlosser gleicht als Pariser Womanizer jegliches Fehlen von eigenem Temperament damit aus, dass er sich am Flughafen regelmäßig eine Stewardess angelt, die ein wenig Trubel in seine langweilige Instant-Bude bringen soll. Und so fegt Zübeyde Kuzdere als kleiner französischer Air-France-Wirbelwind Jacqueline durchs Wohnzimmer und ist dabei noch das untrübste Wässerchen, was die liebes-moralische Integrität in dem bunten Treiben anbelangt.

 

Mit ganz anderen Wassern gewaschen ist nämlich Janet, die Flugbegleiterin der PanAm: Silke Bayer spielt die forsche amerikanische Blondine, die sich gerne mal zu Forschungszwecken in die Arme ihrer jeweiligen "Testobjekte" wirft und so das Sofa einer echten Robustheitsprüfung unterzieht.

 

Judith wiederum (Martina Weik) schwebt mit der Swiss-Air durch die Lüfte und erweist sich in punkto Männerwahl als sehr launenhaft. Das gesamte Luftfahrttrio gibt von Zeit zu Zeit ein dialektales Bonmot zum Besten, was im Publikum für enorme Belustigung sorgt.

 

Teilzeitangebetete

Den Männern gegenüber geben sich die Teilzeitangebeteten wiederum allesamt recht schnippisch und sinken dann doch willig in die Arme. Egal von wem: In die von Bernard, der am Ende natürlich seine moralische Läuterung erfährt, oder in die Greifer von Provinz-Robert - Andreas Pedretti spielt den anfangs noch überzeugten Monogamisten, der sich dann aber doch anstecken lässt vom lasziven Treiben im Hause Bernards. Dann erweist er sich als höchst flexibler Schürzenjäger, der es faustdick hinter den Ohren hat: Allem, was nicht bei drei hinter der nächsten Tür verschwunden ist, macht er schöne Augen.

 

Er macht dabei selbst nicht vor dem heldenhaft schaurig gelaunten Küchenmonster Halt: Sabine Anlauf wird als Berthe nicht müde, angesichts dieser unzüchtigen Umtriebe ihre moralische Entrüstung zu äußern und dabei horrorfilmtauglich mit den Augen zu rollen: Aber zum Glück sind am Ende alle wieder gut.




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