Naturtheater Reutlingen Mark Gewand 3 72762 Reutlingen Wasenwaldfestspiele Wasenwald Festspiele Homepage Naturtheater Reutlingen Mark Gewand 3 72762 Reutlingen Wasenwaldfestspiele Wasenwald Festspiele Homepage


Jede Menge Platz zwischen den Sängern: Die Betzinger Sängerschaft, neuerdings KonzertChorReutlingen, probt im Zuschauerraum des Naturtheaters. FOTO: KNAUER

Jede Menge Platz zwischen den Sängern: Die Betzinger Sängerschaft, neuerdings KonzertChorReutlingen, probt im Zuschauerraum des Naturtheaters. FOTO: KNAUER

22.07.2020 - Reutlinger General-Anzeiger

Die Singszene erwacht wieder

Gesang – Künstner-Chöre proben im Naturtheater


VON ARMIN KNAUER


Die Chöre hat die Corona-Pandemie hart getroffen. Vier bis 100 Mal mehr Aerosole als beim Sprechen stößt ein Sänger aus, haben Studien ermittelt, entsprechend groß das Infektionsrisiko. Wie also proben? Die von Martin Künstner geleiteten Ensembles Philharmonia Chor und Betzinger Sängerschaft haben sich die Zuschauertribüne des Naturtheaters als Probendomizil ausgeguckt.

 

Seit vergangener Woche proben sie dort – die Sängerschaft im Übrigen unter neuem Namen: Der Chor hat sich bei einer Mitgliederversammlung im März kurz vor dem Lockdown in "KonzertChorReutlingen" umbenannt. Der Trägerverein heißt indes weiter "Betzinger Sängerschaft".

 

"Wir wurden mit offenen Armen empfangen", betont Künstner. Für die Mannschaft von Naturtheater-Chef Rainer Kurze war es ein Kraftakt: Planen runter, Stühle putzen, Technik wieder hochfahren. Trotzdem sei der Mietpreis "sehr entgegenkommend", so Künstner, die technische Betreuung durch Thomas Diener vom Naturtheater herausragend.

 

25 Mitglieder sind zur Probe erschienen, neun Männer, 16 Frauen. Beim Reinlaufen herrscht Maskenpflicht. Das Häuflein verteilt sich weitläufig im Zuschauerbereich mit jeweils zwei Metern Platz zur Seite und zweieinhalb Metern in Singrichtung. So hat es der Schwäbische Chorverband für das Proben in Innenräumen empfohlen, daran halte man sich nun auch im Freien, obwohl hier das Infektionsrisiko niedriger sei, so Künstner.

 

Ungewohnt viel Abstand

Der große Abstand ist ungewohnt, aber die Teilnehmer sind glücklich, dass überhaupt wieder was geht. "Es ist anders als sonst, man singt mehr für sich", sagt Altistin Barbara Goldberg-Alber. Aber der Klang sei erstaunlich gut, die mit Holz verkleideten Wände und Decken reflektieren den Schall ausgezeichnet. Nur etwa die Hälfte des Chors probt wieder. "Manche Sänger haben Angst", erklärt Künstner. Zum Ensemble gehören auch Ältere, die zur Corona-Risikogruppe zählen.

 

Künstner leitet vom Keyboard aus, ein paar Volkslieder werden durchgeprobt, bei Joe Zawinuls "Mercy, Mercy" wird’s auch mal jazzig. Eigentlich wollte man im April die Jazz-Messe "Missa Pacis" von Tilman Jäger aufführen. Das fiel ebenso aus wie die vom Philharmonia Chor geplante Johannespassion. Die Jazz-Messe will man einschieben, sobald es wieder möglich ist. Zudem ist ein Konzert am dritten Advent mit dem Weihnachtsoratorium von Saint-Saëns anvisiert und das Neujahrskonzert am 1. Januar mit dem Philharmonia Chor in der Tübinger Stiftskirche. Im Herbst will Künstner mit den Chören im Naturtheater weiterproben, solange die Witterung es zulässt – gleichzeitig fahndet er nach geeigneten, weiten und hohen Indoor-Probenmöglichkeiten.

 

Die Ungewissheit sei das Schwierige, sagt Künstner. Was die Chorarbeit betrifft, stellt er fest: "Die Maschine ist schnell auf null, sie wieder hochzufahren, ist was ganz Anderes." Am Ende gehe es nur mit zwei Dingen durch die Krise, so der Dirigent: Geduld und Humor. (GEA)




© 1999-2024 ITOGETHER