20.04.2019 - Reutlinger General-Anzeiger
HINTER DEN KULISSEN - Naturtheater Reutlingen
Der Zauber des Anfangs
Das Naturtheater Reutlingen liegt idyllisch im Wasenwald, ist umgeben von viel Grün, bietet Platz und Ruhe, es ist ein Ort zum Träumen und Genießen, nicht nur für das Publikum, sondern auch für die Vereinsmitglieder. Leider bleibt das Leben nicht stehen und so muss sich der Theaterverein einer großen Herausforderung stellen: Das in die Jahre gekommene Vereinsheim – von manchen liebevoll "Baracke" genannt – hat keine Zukunft mehr. Es ist marode, hat undichte Wände und Böden und neigt sich immer mehr zur Seite. Es ist inzwischen auch zu klein für die ganzjährigen Vereinsaktivitäten, es gibt keine Probenräume, der Kostümfundus platzt regelrecht aus den Nähten und die Schlange vor dem winzigen Schminkraum ist in der Saison durchaus mal mehrere Meter lang.
Der Handlungsbedarf ist also offensichtlich und seit einer ganzen Weile wird bereits diskutiert und geplant. Darin liegt nun wiederum ein gewisser Zauber, ein bisschen Wünsch-dir-was und Träumerei, dem sich aber weder Vorstand noch Mitglieder hingeben. Ganz im Gegenteil: detailliert wird auf einen Neubau – um nichts anderes kann es angesichts des Zustands des Gebäudes gehen – hingearbeitet. Da sind die Beratungen mit den Fachplanern und Architekten, die die Bedarfe in Pläne packen. Andere Experten prüfen die Bodenbeschaffenheit und vermessen das Gelände. Da ist der intensive Austausch mit der Stadtverwaltung, dem Landkreis und den Kreis- und Gemeinderäten, die häufig vor Ort, also im Wasenwald stattfinden.
Es geht wie so oft auch um Geld. Das ist nicht so zauberhaft, aber ein absolutes Muss. Ohne Förderung durch die öffentliche Hand kann der Verein das Bauprojekt nicht stemmen, ist also auf Zuschüsse angewiesen. Doch der Verein setzt auch auf die Unterstützung durch sein Publikum. So wird am Tag der offenen Tür eine Bausteinaktion präsentiert und im Programm der Wasenwald-Festspiele steht eine Benefizgala, die auf reges Interesse bei den Zuschauern stößt.
Fast gerät dabei die diesjährige Spielzeit in Vergessenheit. Proben, Bühnenbau, Kostümherstellung und vieles mehr läuft parallel zur zukunftsgerichteten Bauplanung. Doch wenn sich im Juni der imaginäre Vorhang bei der Premiere von "Anatevka" hebt, werden alle, die dabei sind, den Zauber des Theaters spüren und wissen, es lohnt sich, in einen neuen Anfang zu investieren. (bm)
