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Die drei Musketiere (in Schwarz) in einer von Stefan Müller-Doriat choreografierten Fechtszene im Naturtheater Reutlingen / Foto: Niethammer

Die drei Musketiere (in Schwarz) in einer von Stefan Müller-Doriat choreografierten Fechtszene im Naturtheater Reutlingen / Foto: Niethammer

19.06.2017 - Reutlinger General-Anzeiger

Freilichtbühne – Im Reutlinger Naturtheater feiert der packend inszenierte Klassiker "Die drei Musketiere" Premiere


XXL-Thriller in historischem Gewand

VON CHRISTOPH B. STRÖHLE


Das Reutlinger Naturtheater wagt es, einen dicken Wälzer in ungewöhnlicher Länge auf die Bühne zu bringen. Fast dreieinhalb Stunden dauert der Theaterabend, inklusive einer Pause. Darauf muss man sich einstellen. Regisseurin Susanne Heydenreich hat die Bühnenfassung von Alexandre Dumas’ Roman "Die drei Musketiere" geschrieben und für die Wasenwald-Festspiele 2017 so packend inszeniert, dass man bis zuletzt gebannt zuschaut.


Als Lotse durch den Abend führt der Erzähler Sascha Diener, der gleichzeitig den Musketier Athos verkörpert. Seine Überleitungen helfen einem als Zuschauer, den Überblick nicht zu verlieren angesichts der vielen Schauplätze und Figuren und der Intrigen, die die Handlung besonders im zweiten Teil voranbringen.


Im Vergleich zu den Naturtheater-Produktionen der Vorjahre fällt auf, dass diesmal nicht gesungen wird. Die digital eingespielte Musik (Mikael Bagratuni) grundiert passend die Stimmungen, wirkt atmosphärisch mit, das Bild einer Mantel-und-Degen-Epoche entstehen zu lassen, in der Intriganten und Heißsporne, ein unerfahrener König und ein kühl kalkulierender Kardinal aufeinandertreffen. Das grandiose Bühnenbild und die prächtigen, sehr authentisch wirkenden Kostüme (verantwortlich: Maja Rumswinkel und Sibylle Schulze) tun ein Übriges, um einen ins Jahr 1628 zu versetzen.


Die drei Musketiere Athos, Porthos und Aramis (Sascha Diener, Jan Bayer und Timon Streicher) werden zwar als Helden, aber als solche mit menschlichen Schwächen gezeigt. Ein Heißsporn wie D’Artagnan (Samuel Schickler) kommt ihnen gerade gelegen, um im Duell mit ihm ihr Mütchen zu kühlen.


Dazu kommt es zwar nicht und er und die Musketiere werden zu treuen Kameraden, doch steht so manches Mal der gemeinsame Erfolg ihrer Missionen auf der Kippe, weil Leidenschaften sie vom Weg abbringen. Dennoch gilt stets ihr Motto: "Einer für alle, alle für einen!"


Athos belächelt den jungen D’Artagnan wegen seiner Amouren – bei gleich drei Frauen im Stück wird er schwach. Athos quittiert dies mehr als einmal mit der Bemerkung "Nichtigkeiten, nichts als Nichtigkeiten", dabei hat er als junger Mann ähnlich stark empfunden.


Falsche Schlange

 

Holger Schlosser als stets gut informierter, manipulierender Kardinal Richelieu hat erst spät im Stück seinen ersten größeren Auftritt. Als graue Eminenz durchkreuzt er mehrfach die Pläne von König Ludwig XIII. von Frankreich (Paul Rahn), der seiner Frau, Königin Anna (Manuela Hansow), nur wenig vertraut, was Richelieu ausnutzt, um beiden zu schaden. Die Musketiere und mit ihnen D’Artagnan wissen jedoch Schlimmeres zu verhindern.

 

Intrigierend und mordend tritt Lady de Winter in Erscheinung. Julia Coolens hat mit dieser falschen Schlange, die die Männer reihenweise um den Finger wickelt, sicherlich die dankbarste Rolle. Sie weiß sie mit facettenreichem Spiel auszufüllen. Überhaupt bietet die Inszenierung bis in die Nebenrollen beachtliche Schauspielleistungen. In Erinnerung bleiben etwa auch Carolin Lamparter als Constance, Hartmut Pohnke als Bonacieux, Pascal Muckenfuß als Rochefort, Vito Marzio als Herzog von Buckingham, Vassiliki Kobili als D’Artagnans treu ergebener Diener, Carina Armbruster als Zofe und Ingo Raiser als Hauptmann der Musketiere. Nicht zu vergessen die von Stefan Müller-Doriat virtuos choreografierten Fechtszenen, die wirklich Eindruck machen. (GEA)




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