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"Nehmen Sie doch Platz …!" Jonas Matthes als Biest versucht, galant zu sein. Belle (Cecilia Sörensen) nimmt's schmunzelnd zur Kenntnis / Foto: Niethammer

26.06.2017 - Reutlinger General-Anzeiger

Freilichtbühne – Die Familienproduktion "Die Schöne und das Biest" verzaubert das Publikum im Naturtheater


Vom Monster zum Gentleman

VON NADINE NOWARA


Ein Prinz wird wegen seiner Kaltherzigkeit von einer Zauberin in ein tierisches Biest verwandelt. Nur die Liebe einer jungen Frau kann ihn von seinem Fluch erlösen. Die Geschichte von "Die Schöne und das Biest" ist eigentlich jedem aus den Disneyfilmen oder dem Musical bekannt, das lange in Stuttgart lief. Nun hat sich das Naturtheater des französischen Märchenklassikers in einer Bühnenfassung von Peter W. Hermanns angenommen. Am Freitagabend wurde Premiere vor vollen Rängen gefeiert.


In der Regie von Ambrogio Vinella entsteht in der ohnehin schon märchenhaft-idyllischen Naturtheaterkulisse eine ganz eigene Fantasiewelt (Bühnenbild: Maja Rumswinkel). Das Biest (Jonas Matthes), stilecht mit Maske, Hörnern und hauerhaften Zähnen, fristet sein Dasein in einem Schloss und kommandiert grummelig brummend sein Personal herum, welches in lebendige Gebrauchsgegenstände verwandelt wurde.


Eines Tages erkundet eine Gruppe von Kindern das Domizil des Biestes und ein Junge (Emil Schneider) verliert dabei seinen Ball. Das Biest jagt die Kinderschar aus seinem Schloss, aber der Junge macht sich noch einmal im Alleingang daran, seinen Ball wiederzufinden. Das Biest ertappt ihn und beschließt, ihn zu seinem Gefangenen zu machen. Seine mutige Schwester Belle (Cecilia Sörensen) opfert sich für ihn und erklärt sich bereit, anstelle ihres Bruders im Schloss des Biestes zu leben. Nun kann eine der bekanntesten Liebesgeschichten beginnen.

 

Originelle Ideen


Beim Naturtheater herrscht allerdings kein Romantik-Overkill; vielmehr kann man sich am bunten Geschehen erfreuen und eine Pause vom Alltagsleben genießen. Der Märchenstoff wird kindgerecht umgesetzt. So sieht das Biest gar nicht wirklich gruselig aus und erinnert an ein großes Kuscheltier. An originellen Ideen wird nicht gespart. So erwachen etwa die Schafe (Selina Diener, Clemens Stary, Miriam Stary, Alessia Zana, Emilia Zana), die das Personal für Belle zum Einschlafen zählt, zum Leben und beschaffen Belle ihr Lieblingskuscheltier, damit sie sich auch im Schloss richtig wohl fühlt. Da macht es gar nichts aus, dass Belle kein kleines Mädchen, sondern schon eine junge Frau ist.


Beim Reutlinger Naturtheater wird nicht nur auf die Hauptrollen, sondern auch auf die zahlreichen Nebenrollen sehr viel Wert gelegt. Vor allem an den großartigen Kostümen (Sibylle Schulze) kann man sich gar nicht sattsehen. Auf der Bühne ist überall was los – insgesamt sind 45 Schauspieler in etlichen kleinen Nebenhandlungen im Einsatz. Anmutig tanzen die Rosen (Anne Freise, Loreen Grüninger, Lilly Röhm, Annika Schlosser, Mona Stotz, Amélie Wieland und Anna Zang) ihren Reigen. Das Küchengeschirr, unter anderem das leicht hysterische Pfeffer- (Sina Diener) und Salz- (Susanne Quante) Duo und die aristokratisch-elegante Garderobe (Silke Bayer) schwirren eifrig umher. Der quirlige Komposthaufen Koko (Marie Schneider) sorgt für Stimmung in der Bude, auch der neurotische Brunnen Brunhilde (Angela Sauter) hat etliche Lacher zu verbuchen. Niedlich sind zudem die zwei kleinen Dalmatiner (Erik Bayer und Peter Hammann), die die Szenerie auf ihre Art beleben.

 

Fast schon ein Musical


"Die Schöne und das Biest" ist fast schon ein Musical, so oft stimmen die Charaktere ein Lied an (Musik und musikalische Leitung: Alexander Reuter). Die Lieder sind stilistisch breit angelegt, von der Ballade bis zum Rocksong. Natürlich gibt es zu jedem Song eine passende Choreografie (Carmen Lamparter). So treten etwa die jungen Männer des Dorfes (Michael Bachner, Felix Dreher, Kai Pagalies und Mario Speidel), die aufbrechen, um Belle zu retten, wie eine Boygroup auf und sorgen bei der weiblichen Dorfbevölkerung für ordentliches Gekreische.


Eine Szene sticht durch ihre Situationskomik besonders hervor. Um für Belle attraktiver zu sein, muss das Biest ein Gentleman werden und lernen, wie ein Handkuss und eine galante Verbeugung gelingen. Die Statuen Amor (Tamara Bachner) und Bacchus (Heiko Raiser) müssen sich da schon ins Zeug legen, denn schließlich soll das Biest Belle davon überzeugen, ihn zu heiraten. Nur so kann der Fluch der Zauberin (Manuela Hansow) überwunden werden.


Das Premierenpublikum war begeistert und belohnte das Ensemble mit stehenden Ovationen. (GEA)




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