Naturtheater Reutlingen Mark Gewand 3 72762 Reutlingen Wasenwaldfestspiele Wasenwald Festspiele Homepage Naturtheater Reutlingen Mark Gewand 3 72762 Reutlingen Wasenwaldfestspiele Wasenwald Festspiele Homepage


Wenn es sein muss, gehen sich die Dorfbewohner gerne mal gegenseitig an den Kragen. Peppone und Don Camillo (vorne links und rechts) halten sich vorerst noch raus / GEA-Foto: Pacher

Wenn es sein muss, gehen sich die Dorfbewohner gerne mal gegenseitig an den Kragen. Peppone und Don Camillo (vorne links und rechts) halten sich vorerst noch raus / GEA-Foto: Pacher

22.06.2015 - Reutlinger General-Anzeiger

Naturtheater – Der Komödienklassiker »Don Camillo und Peppone« sorgt für Lacher beim Start der Wasenwald-Festspiele


Wenn zwei sich streiten …

VON NADINE NOWARA

 

Sie können einfach nicht voneinander lassen: Don Camillo, der katholische Pfarrer des beschaulichen italienischen Dorfes Boscaccio, und der frisch gewählte kommunistische Bürgermeister Peppone sind im Kleinkrieg. Camillo kann es nicht ertragen, dass die »roten Terroristen« nun seine geliebte Heimat erobert haben. Und Peppone wirft Camillo in einen Topf mit den ausbeuterischen Kapitalisten. Am Samstagabend hatten sich die beiden schlagfertigen Streithähne bei der Premiere von »Don Camillo und Peppone« (Romanvorlage: Giovannino Guareschi, Theaterfassung: Gerold Theobalt) im Naturtheater einiges – auch buchstäblich – an den Kopf zu werfen. Inszeniert hat den kurzweiligen Zank Susanne Heydenreich.


Das Bühnenbild (Jolanta Slowik) inmitten des Wasenwaldes ist wie jedes Jahr eine Wucht. Ganze Gebäudekulissen werden da auf die Bühne gestellt. Auch die Kostüme (Sibylle Schulze) wirken authentisch. So kann man sich gut in das italienische Nachkriegsdorf versetzen. Die Musik (Mikael Bagratuni) tut ihr Übriges um das italienische Flair noch zu verstärken.

 

Spitzbübisch und süffisant

Sascha Diener (Don Camillo) ist besonders mit komödiantischem Talent gesegnet. Häufig spitzbübisch grinsend, mal leicht scheinheilig süffisant, betont ruhig, aber innerlich vor Wut brodelnd gibt er den Camillo. Diesem zuzuschauen macht einen Riesenspaß, denn bei Diener sitzt jede Pointe.

 

Er und Peppone (Andreas Pedretti) überzeugen als streitlustiges Team. Kindische Streiche dienen dazu, den anderen zu diskreditieren. So schreibt Camillo »Peppone ist ein Esel« an Peppones Wandzeitung. Denn schließlich geht es auch um die Vorrangstellung im Dorf. Jesus (Holger Schlosser mit einer wunderbaren Ruhe) redet Camillo ins Gewissen. Die Widersacher sind auch mal zum Kompromiss bereit. So darf Peppone (Pedretti) seinen Sohn ruhig auf den Namen Lenin taufen lassen. Jedoch muss ein Camillo als Zweitname dazu kommen.

 

Der Slapstick-Humor von »Don Camillo und Peppone« ist etwas speziell. Die Scherze sind albern, aber durchaus unterhaltsam. Die handfesten Argumente (Kampf-Choreografie: Stefan Müller- Doriat) sorgen für Begeisterung beim Publikum. Hier hatte man sich etwas Originelles ausgedacht: Die Schläge, Kopfnüsse, Nasenhaarzwirbler und dergleichen werden mit Comicsounds aufgepeppt.

 

Aber es wird nicht nur ordentlich geschlägert. Eine Umwälzung der Gesellschaft klingt an. Die kleinbäuerliche Welt ist in Aufruhr. Peppone reicht es: Der Großgrundbesitzer Pasotti (Pascal Muckenfuß) soll endlich die Löhne seiner Arbeiter erhöhen. Da dieser sich weigert, tritt das Dorf in Generalstreik.

 

Tragisches Liebespaar muss sein

Auch die Darsteller der vielen kleinen Rollen sind voller Spielfreude dabei. Immer wieder gibt es kleine Nebenhandlungen zu entdecken. Die Dörfler spalten sich aufgrund der politischen Debatte in zwei Lager. Da fliegen die Fäuste und auch mal Kartoffeln. Allerdings wird sich gerne auch mit Gesangseinlagen duelliert, bei denen die Kommunisten – alle mit rotem Halstuch – die Fäuste in die Lüfte recken und Kampfbereitschaft demonstrieren. Zwischen den Fronten darf natürlich auch ein tragisches Liebespaar nicht fehlen mit Manuela Hansow als Gina und Timon Streicher als Mariolino.

 

Die zweieinhalbstündige Inszenierung ist von Anfang bis Ende höchst amüsant. Anderen beim Streiten zuzuschauen, kann recht lustig sein. (GEA)




© 1999-2024 ITOGETHER