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Uwe Rittmann als Jedermann stellt die Pläne für das künftige Lustschlösschen für seine Buhlschaft vor / Foto: Niethammer

Uwe Rittmann als Jedermann stellt die Pläne für das künftige Lustschlösschen für seine Buhlschaft vor / Foto: Niethammer

31.08.2009 - Reutlinger General-Anzeiger

Theater "Der Schwäbische Jedermann" von Gerhard Schmid nach Hugo von Hofmannsthal wurde am Wochenende im Reutlinger Naturtheater uraufgeführt

 

Mysterienspiel in Mundart

Von Monique Cantré

 

Ein volles Haus zur Premiere seines "Jedermann" das hatte Gerhard Schmid wahrlich verdient! Seit vielen Jahren trug er das anspruchsvolle Projekt mit sich herum, Hugo von Hofmannsthals Schauspiel über den Sinn des Lebens auf Schwäbisch auf die Bühne zu bringen. Um es gewissermaßen zu sich und den Seinen zu holen und zu unterstreichen, dass die darin ausgesprochene Mahnung, sich gottgefällig zu verhalten, alle angeht.

 

Aber einem Gerhard Schmid als altem Theaterhasen ging es natürlich auch darum, dieses raffiniert schlicht geschnittene "Spiel vom Leben und Sterben des reichen Mannes" in die Hand zu nehmen und dessen tiefe Wirkung auf der heimischen Freilichtbühne auszulösen.

 

Im Zuge der Heimtattage war es jetzt möglich geworden, dass er es selbst im Naturtheater inszenieren konnte. Dabei konnte er auf die versierten Amateurschauspieler des Naturtheaters bauen, die in der schwäbischen Mundart daheim sind. Mit großem Applaus honorierte das Premierenpublikum am Freitagabend die Aufführung, die noch am Samstagabend und am Sonntagnachmittag gezeigt wurde.

 

Obgleich das fromme Mysterienspiel eigentlich längst aus der Zeit gefallen ist, ist das Thema unverschämt vermögender (oder sich bereichernder) Zeitgenossen mehr denn je aktuell. Dass mit Besitz eine soziale Verpflichtung verknüpft ist im "Jedermann" kommt dies unmissverständlich zur Sprache. Dass man es so deutlich wahrnimmt, ist ein Verdienst von Gerhard Schmids Übertragung.

 

Sein Text lebt vom klaren, unverblümten Ausdruck. Den packt er in gereimte Verse, wie es klassisch literarisches Theater verlangt, aber die Worte sind nicht abgehoben, und der Sprachfluss wirkt organisch. Viele schwäbische Spezialausdrücke lassen aufhorchen und viele schlagfertige Dialoge. Dadurch wird das Stück leicht und frisch, ohne dass ihm der grundlegende Ernst abhanden kommt.

 

Der Tod schwätzt schwäbisch

Gerhard Schmids Bühnenbild in der Kulisse der abgespielten Naturtheater-Sommerstücke beschränkte sich auf wenige Versatzstücke wie die große Festtafel Jedermanns, die anfangs hochkant als Plakat-"Stele" in den Himmel ragte, oder ein großes Kreuz vor der Kirche. Im Blick waren in erster Linie die 21 Darsteller, die Trude Heck mit gewohnter Sorgfalt eingekleidet hatte, wobei teilweise die Kostüme Mittelalter-Zitate aufwiesen. Wie ein prachtvolles Gemälde entfaltete sich die farbig ausgestattete Festgesellschaft. Und nicht unwesentlichen Anteil am dicht Atmosphärischen hatten die klug ausgewählten sinfonischen Musikeinspielungen.

 

Uwe Rittmann war ein glaubwürdiger, seriöser Jedermann, dem man die letztendliche Wandlung zum demütigen Sünder abnahm. Als seine Buhlschaft zeigte Julia Coolens nicht nur frivole Vergnügungssucht, sondern durchaus auch Grips. Anita Maier als Jedermanns Mutter lieferte eine wundervolle Charakterstudie einer frohen Mutes und festen Glaubens durchs Leben gehenden Frau.




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