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30.08.2021 - Reutlinger General-Anzeiger

Naturtheater – Benefizgala zum Saisonabschluss. Vereinsvorsitzender Rainer Kurze zieht mit dem GEA eine Bilanz


"Mit blauem Auge davongekommen"

VON NORBERT LEISTER

 

REUTLINGEN. "Send ihr Reutlinger? Ihr gugged so streng", sagte Dietlinde Ellsässer am Samstagabend während der diesjährigen dritten und letzten Benefizgala im Naturtheater. "I ben trotz Corona immer no ledig", bekennt die Schauspielerin, Kabarettistin und Komödiantin, die sich selbst als "Landpomeranze" bezeichnet. Geträumt habe sie oft davon, wohl als Teenager, dass plötzlich Winnetou bei ihr im Schlafzimmer stehen würde. Aber dann: Dem seine Klamotten zu waschen, von Hand! Und dazu noch Old Shatterhand, denn "den Winnetou kriegsch doch et alloi". Und die Fransen an der Jacke von Winnetous bestem Freund, "die hot doch gwiaß dem sei Oma mit em Nagelscherle tagelang neigschnitta". Und wenn Old Shatterhand dann über den Tisch seine Fransen in die Fleischbrühe rein-hängt – pfui Teufel.

 

Für Neubauprojekt

Solchen Vorstellungen folgte das Publikum am Samstagabend mit dem größten Vergnügen. Dabei war Dietlinde Ellsässer "nur" ein Teil des gesamten Abendprogramms: Daniél Iberra begeisterte die Gäste mit Latino-Songs und argentinischen Balladen – und er trat genauso wie Ellsässer ohne Gage auf, um dem Naturtheater bei seinem Neubauprojekt weiterzuhelfen.

 

Corona hatte diesem Vorhaben einen dicken Stein in den Weg gelegt – weil 2020 gar keine Veranstaltungen möglich waren. Das Kinderstück "Peter Pan", das in dieser Saison mit 18 Aufführungen auf die Bühne gebracht wurde, hat laut Naturtheater-Chef Rainer Kurze immerhin rund 7 800 Zuschauer angelockt. "Das war eine Auslastung von 43 Prozent, weil wir jede zweite Zuschauerreihe freilassen mussten", so Kurze im Gespräch mit dem GEA. Ein zweites Stück aufzuführen wäre schon allein aufgrund der Abstandsregeln bei den Proben nicht möglich gewesen.

Auch

Auch "Landpomeranze" Dietlinde Ellsässer verzichtete bei der dritten und letzten Benefizgala des Naturtheaters am Samstagabend auf ihre Gage. Für den Neubau eines Betriebsgebäudes muss der Verein eine Million Euro selbst aufbringen / Foto: Leister

Am Samstagabend jedoch gab’s die insgesamt dritte Benefizgala für den Neubau des Betriebsgebäudes, mit einem Ausschnitts-Potpourri an Stücken, die alle schon mal die Bühne des Naturtheaters gesehen hatten. Allerdings nicht mit den Originaltexten, sondern sozusagen "Corona-angepasst". Jim Knopf etwa hätte die Insel Lummerland verlassen müssen, weil sie aufgrund der Abstandsgebote für eine weitere Person zu klein war.

 

Cinderella war aufgrund eines fehlenden 3G-Nachweises nicht zur Party des Königs eingeladen. "Und ein Ausschnitt aus dem Weißen Rössl muss ausfallen, wegen des Beherbergungsverbots", so Moderator Sascha Diener. Eine Modeschau mit einer unglaublichen Vielfalt an Kostümen, die im Naturtheater selbst gefertigt worden sind, gab es obendrein am Samstagabend zu bestaunen.

 

"Den Umständen entsprechend war das für uns eine ordentliche Saison – schließlich wussten wir im Frühjahr noch gar nicht, ob überhaupt was möglich sein würde", resümiert Rainer Kurze. Zu den Kindertheater-Aufführungen wurde ab Juli eine Kulturreihe auf der Terrasse gegeben, bei der unterschiedliche Künstler auftraten. "Trotz nicht so gutem Wetter kamen jeweils 30 bis 60 Besucher."

 

Insgesamt 10 600 Besucher

Obendrein waren einige Gastveranstaltungen auf der Naturtheater-Bühne zu sehen: Die Württembergische Philharmonie etwa glänzte mit einem Sommer-Open-Air, hinzu kamen eine Musical- und eine Magic Night, die Betzinger Sängerschaft trat auf, Dominik Kuhn alias Dodokay und andere mehr. Die drei Benefizgalas lockten 750 Zuschauer an. "Wenn wir alle Gäste bei unseren Veranstaltungen zusammenrechnen, kommen wir auf 10 600 Besucher", so Rainer Kurze. Insgesamt sei das zufriedenstellend – "aber sonst haben wir um die 30 000".

 

Zur finanziellen Lage sagte der Vereinsvorsitzende: "Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen, dank Fördermöglichkeiten und Überbrückungen werden wir das Jahr wohl einigermaßen überstehen." Bei den Einnahmeverlusten kam hinzu, dass 2019 schon mehr als 3 500 Karten für das folgende Jahr verkauften wurden. Diese Karten sind für 2021 übernommen worden. "Und 10 000 Gäste konsumieren einfach weniger als 30 000", macht Kurze deutlich.

 

"Noch mal so ein Jahr mit angezogener Handbremse würde extrem eng für uns werden", sagt der Naturtheater-Chef. In Bezug auf das Neubauprojekt "konnten wir die Kosten von 9 auf 6 Millionen reduzieren, trotzdem ist es für uns ein Riesenbatzen, eine Million Euro selbst zu stemmen", so Kurze. Der Spendenstand stehe im Moment bei rund 107 000 Euro. "Insgesamt wollen wir 300 000 Euro an Spenden zusammenbekommen."

 

Die Herausforderung mit Corona und Hygienekonzept bei den Proben bleibe auch im Herbst bestehen. "Aber gemeinsam sind wir stark, wir haben ein großes engagiertes Team und sind eine große Gemeinschaft", so Rainer Kurze, der einstmals Theologie studiert hatte. (GEA)




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