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Prunkstück auf der Bühne ist das Piratenschiff, hier mit dem Naturtheater-Ensemble in Aktion / Fotos: Niethammer

Prunkstück auf der Bühne ist das Piratenschiff, hier mit dem Naturtheater-Ensemble in Aktion / Fotos: Niethammer

Auch Fee Tinkerbell ist mit dabei.

Auch Fee Tinkerbell ist mit dabei.

Kontrahent Peter Pans: Holger Schlosser als fieser Captain Hook.

Kontrahent Peter Pans: Holger Schlosser als fieser Captain Hook.

28.06.2021 - Reutlinger General-Anzeiger

Freilichtbühne – Das Naturtheater Reutlingen bringt den Kinderbuchklassiker "Peter Pan" im Wasenwald heraus


Feen, Piraten und Freiheitsdrang

VON DAGMAR VARADY


REUTLINGEN. "Erwachsenwerden heißt wohl, sich die Kindheit in die Tasche zu stecken." Mit diesem Satz auf den Lippen steht das Mädchen Wendy (Tara Drljaca) am Freitagabend bei der Premiere des Stückes "Peter Pan" inmitten der wunderbar hergerichteten Freilichtbühne des Naturtheaters, einsam beleuchtet in einem Lichtkegel, mit wehmütig bekümmertem Gesichtsausdruck.


Dies ist die Schlusspointe – und in diesem Sinne beginnt es auch, wenn dieses mütterliche Mädchen, welches an der Schwelle zum Erwachsenwerden steht, ihr Lied singt. Es spricht von der Angst, erwachsen zu werden, von des Kindes Fantasiekraft, vom Verlust der Träume – und davon, Peter Pan zu verlieren. Denn dieser steht für das ewige Kindsein, für die Negierung des Erwachsenwerdens, für das Reich der Fantasie. Wie schön, dass das Naturtheater sich nach der letztjährigen coronabedingten Zwangspause in diesem Jahr dafür entschieden hat, das Kindertheater zu verwirklichen, um den Kindern ein Zeichen zu setzen, da gerade diese es in der Pandemiezeit besonders schwer hatten. Und auch wenn das Proben unter erschwerten Bedingungen stattfand (Online-Proben inklusive), spürt man während der Premiere das Naturtheater-Motto deutlich: "Lebenslust statt Corona-Frust".


Fantasievolles Bühnenbild

Bereits das Bühnenbild lässt Corona vergessen und eintauchen in eine Traumwelt. Rechts ein behagliches Kinderzimmer mit Schaukelstuhl, in der Mitte das große Piratenschiff und links die abenteuerliche Welt der verlorenen Kinder mit Hängeschaukel, Schlangen, Blumengirlanden und viel Grün. Spätestens beim Erscheinen all der verschiedenen Agierenden (Indianer, Piraten, verlorene Kinder) in ihren bunten und sinnreichen Kostümen (Sibylle Schulze) hat man im Geist die Zuschauerränge verlassen und ist im Nimmerland angekommen.


Peter Pan ist dort der Mittelpunkt. Ungestüm, forsch und voll kindlicher Dynamik wirbelt Ramon Soltic ungekünstelt über die Bühne, kämpft leidenschaftlich und geschickt gegen den knorrigen Captain Hook (Holger Schlosser) und singt lebendig von seinen trotzigen Bedenken vor der Erwachsenenwelt.


Regisseur Irfan Kars gelingt es meist, die Furcht einflößenden Dinge, welche durchaus in James M. Barries Geschichten vorkommen, kindgerecht zu inszenieren. Die Piraten sind nicht Schrecken erregend, sondern vielmehr unfreiwillig komisch, auch durch ihre Einfalt. Ferner wird nicht gezeigt, wie Hook als Leckerbissen für das Krokodil (Thomas Kahlert) endet. Dies wird der Fantasie überlassen.


Das Krokodil selbst freilich ist im authentischen Kostüm Angst einflößend, insbesondere bei seinem Schlachtgesang, wenn es mit brummender Stimme singt, wie es Hook verschlingen wird, und dabei gierig seinen Bauch tätschelt. Auch nach der Pause wird das Unheimliche recht reißerisch durch die Musik (Oliver Krämer) aufgezogen. Pompöse Klänge lassen reichlich Spannung aufkommen, und leiten den aufregenden Schlussakt ein.


Abgesehen davon sind die gelegentlich eingestreuten Lieder im Musical-Stil stimmig, und auch die Tänze (Carmen Lamparter) unterstreichen die pralle Lebendigkeit der gesamten Inszenierung.


Ob es sich für jeden Vierjährigen (so die Altersempfehlung) ohne kleine Furchtmomente vollzieht, sei der Zartheit des jeweiligen kindlichen Gemüts überlassen. Doch die zu spürende Vitalität, der Schwung und die Lust der Schauspieler, gepaart mit der sprühenden und spannenden Umsetzung des literarischen Stoffes sind ein trefflicher Wiedereinstieg des Naturtheaterteams. (GEA)




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