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24.07.2021 - Reutlinger General-Anzeiger

Sommer-Open-Air – Magisch und kunterbunt-vergnügt: Die Württembergische Philharmonie und Solisten im Naturtheater


Ein fröhliches Hineinschmecken

VON DAGMAR VARADY


REUTLINGEN. Ein lauer Sommerabend, Musik mitten in einer Waldeskulisse und viele Menschen, die es schätzen, in eine magische oder kunterbunt-vergnügte Sphäre einzutauchen. Geplant war eine solche Soirée, das Sommer-Open-Air mit der Württembergischen Philharmonie Reutlingen (WPR), voll sommerlich-musikalischem Ambiente bereits im Juli 2020, wurde jedoch aus bekannten Gründen um ein Jahr verschoben und nun am Donnerstagabend im Naturtheater verwirklicht.


Wenn kein Programm für ein Konzert vorliegt, braucht es fraglos einen musikkundigen Menschen, der die Werke benennt, und falls er das auch noch mit witzigen Anekdoten und Informationen ausschmückt, wie es Christoph-Mathias Mueller (Leitung) hier zu tun pflegte, dann ist eine Nähe zum Publikum geschaffen, ein lebendiger Komplex aus Aufmerksamkeit, ansteckender Begeisterung, emsigem Tätigsein und frohgemuten Befindlichkeiten.


Seine eifrige und zupackende Art war auch spürbar im Dirigat, welches klar, sehr konkret und doch von einer Disparität aus Ernst und Humor gekennzeichnet war, natürlich je nach Werk, und doch scheint dieser ehrfurchtsvolle und zugleich fidele Zugang zur Musik seine – durchaus mitreißende – Herangehensweise zu sein. Die Bereitwilligkeit des Orchesters, diesen Weg mitzuschreiten, war spür- und fühlbar. Einen Weg, der nicht ein bestimmtes Ziel oder einen festgelegten Bereich verfolgte, sondern in alle möglichen Gefilde hinein geleitete. Mueller nannte das augenzwinkernd "ein intelligentes Programm". Es wurde munter gesprungen, von Land zu Land, von Epoche zu Epoche, von Werk zu Werk, ein fröhliches Hineinschmecken.

Die Württembergische Philharmonie mit Konzertmeister Fabian Wettstein, Sopranistin Vanessa Waldhart und Dirigent Christoph-Mathias Mueller beim Konzert im Naturtheater / Foto: Varady

Die Württembergische Philharmonie mit Konzertmeister Fabian Wettstein, Sopranistin Vanessa Waldhart und Dirigent Christoph-Mathias Mueller beim Konzert im Naturtheater / Foto: Varady

Wenn man mit solch einer kriegerischen Munterkeit von Charpentiers Prélude begrüßt wird, um dann in der Ouvertüre von Mozarts "Entführung aus dem Serail" zu landen, hat das gewisse Anknüpfungspunkte, die Lebhaftigkeit und das Offensive der anklingenden Janitscharenmusik. Doch mit Ouvertüren gab man sich nicht zufrieden. Vanessa Waldhart (Sopran) und Theodore Browne (Tenor) waren eingeladen, durch Arien etwas tiefer zu gehen.


Liebreiz in der Stimme

Ein Hochgenuss war Waldhart mit ihrer liebreizenden und intensiven Stimme. Anschmiegsam, glasklar, mit deutlichster Aussprache und unermesslich leichtfüßig war jeder einzelne Ton, zugleich schön abgezirkelt und doch fließend.


Galant sang Browne alsdann über seine Liebe zu Konstanze, wohlproportioniert, edel und mit ästhetischer Ausgestaltung. Im Duett war ein gemeinsames Fühlen zu spüren, eine wohlige Harmonie, die auch in Duetten aus Franz Lehárs "Lustiger Witwe" (Fabian Wettstein hier mit köstlichem Violinsolo) oder aus dem "Zigeunerbaron" von Johann Strauß (Sohn) vorherrschten, wo brav geschmachtet wurde.


Unbedingt sei noch Alexander Aljabjews "Nachtigall" zur Sprache gebracht, wo Waldhart erzählend in eine Gedankenwelt entführte, wo sie jeden Ton genussvoll aussang, mit einer Stimme voller Mühelosigkeit, Klarheit, entschwebend in die Waldeskulisse.


Aufgrund der Vielzahl der Werke sei nun noch der musikalische Innenraum umrissen, die WPR als flexibler und eufonischer Körper, die sich jeglicher Stimmung hingab, sich aufmerksam und unverkrampft in Motive und Melodien versenkte, mal geheimnisvoll, mal verschmitzt oder verspielt, klangfarbenreich, gelegentlich auch ernst oder aber gewichtig. Alles war dabei, und somit auch eine Flexibilität vonnöten, die durchaus vorhanden war und welche den Drang des Publikums nach gleich drei Zugaben (übrigens angekündigt, also nicht gerade schwer erkämpft) rechtfertigt. (GEA)




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