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31.08.2013 - Reutlinger General-Anzeiger

Blick auf ein dunkles Kapitel

HINTER DEN KULISSEN - Naturtheater Reutlingen


Mit dem Ende der Freilichttheatersaison 2013 setzt das Reutlinger Naturtheater den Gang durch seine Geschichte fort. Zuletzt berichtete man über den Bau der ersten Zuschauerhalle und die Eröffnung der Freilichtbühne im Wasenwald im Jahr 1928 mit dem Klassiker »Die Jungfrau von Orléans«.

 

Mit der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 änderte sich vieles, auch im Naturtheater: Der Arbeiterbildungsverein wurde aufgelöst, es gab einen neuen Träger. Auf Druck der NSDAP wurde das »Reutlinger Naturtheater e.V.« gegründet – der Eintrag ins Vereinsregister stammt tatsächlich aus dem Jahr 1933 – und die Vereinsleitung wurde in die Hände von Parteifunktionären gelegt.

 

Das Spiel ging dennoch weiter, allerdings änderte sich die Stückauswahl. Waren es in den ersten Jahren vor allem Klassiker wie »Die Nibelungen« oder »Faust«, standen im Laufe der Dreißigerjahre immer mehr Heimatstücke auf dem Spielplan. Die Stücke mussten von der »Reichstheaterkammer« genehmigt werden, deshalb verwundert es nicht, dass das Nationale betont wurde.

Braune Zeiten gab’s auch im Reutlinger Naturtheater / Archivfoto: privat

Braune Zeiten gab’s auch im Reutlinger Naturtheater / Archivfoto: privat

In diese Zeit passte beispielsweise 1934 »Wilhelm Tell«, er wurde mit Vaterlandsliebe in Verbindung gebracht.


Das Auge des Regimes wachte über das Theater. So steht in der Reutlinger Chronik von 1937 geschrieben, dass eine Aufführung des Naturtheaters »unter kritische Beobachtung durch die Beauftragten des Reichsbunds der Deutschen Freilicht- und Volksschauspiele genommen wurde«. Und es kam noch schlimmer: 1941 war Schluss mit den Vorstellungen und dem Theaterbetrieb auf der Reutlinger Freilichtbühne.

 

Der Krieg sorgte auch hier für Zerstörung und Verzweiflung. 1945 – in den letzten Kriegstagen – zerstörten Bomben die Theateranlage. Was noch übrig war, wurde von der notleidenden Reutlinger Bevölkerung geholt und verheizt. Der Verein wurde verboten, 1946 jedoch neu gegründet.


Damit begann eine neue Ära, erneut wurde eine Zuschauerhalle gebaut. In den Jahren 1947 bis 1949 wurde entweder im Garten des Listgymnasiums gespielt oder das Ensemble war »auf Tour«, gab Gastspiele an anderen Orten.

 

Die Stückauswahl änderte sich allmählich: vom schweren Klassiker zu leichten Volksstücken. Der Theaterverein überstand die schlimme Zeit des Dritten Reiches und widmete sich – wie viele andere auch – dem Wiederaufbau und der Zukunft. Und die heutigen Naturtheater- Macherinnen und -macher bewundern die Schaffenskraft der Vereinsvorfahren. (bm)




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