»Das Naturtheater wäre ohne Ehrenamt gar nicht machbar. Das ist das größte und wichtigste Gut, das wir haben«, sagt Rainer Kurze, der seit 1983 Teil der Natur-theater-Familie ist. Als jugend-licher Liebhaber in Johann Nestroys Komödie »Einen Jux will er sich machen« fing er an. Er war dann jahrelang Jugendleiter und zweiter Vorsitzender im Verein – dem er seit 2003 als Haupt-verantwortlicher vorsteht.
»Je mehr man in Verantwortung steckt, desto mehr versucht man, das Theater neu zu gestalten«, sagt Kurze. »Man ist ja als Generation immer nur eine Zeit lang Begleiter von etwas. Man hat es von anderen übernommen, Generationen haben es aufgebaut. Was damals richtig war, kann heute schon wieder falsch sein. Man muss die Dinge ständig neu bewerten, sie weiterentwickeln und überlegen, welche Akzente man setzen kann.«
Rückzugsort für die Jugend
Kurze und sein Team haben eindeutig einen Schwerpunkt bei Bau-maßnahmen gesetzt. Die Zuschauerhalle wurde 2008 neu gebaut – ein 1,4 Millionen Euro teures Projekt, an das sich zuvor niemand rangetraut hatte. Zudem wurden unter anderem die Zuschauer-toiletten erweitert, der Popcornstand neu gebaut. Das vom Verein aufgenommene Darlehen in Höhe von knapp 700.000 Euro ist seit diesem Sommer komplett abbezahlt. Was dem Verein Luft verschafft, die er braucht. Denn mit der Errichtung eines neuen Betriebs-gebäudes steht bereits die nächste große Baumaßnahme an. Seit 2019 haben die Zuschauerinnen und Zuschauer dafür rund 170.000 Euro gespendet (12.000 Euro allein in diesem Sommer).
Aus dem Gebäude, in dem bis vor ein paar Jahren die Gastwirtschaft war, soll künftig ein reines Kostümhaus mit Schneiderei werden. Wo bislang die Schneiderei ist, soll künftig die Jugend ihren Rückzugsort bekommen. Es gibt Familien, die sich im Naturtheater in bis zu vier Generationen gleichzeitig engagieren.
Bekommen die Ehrenamtlichen für ihren unermüdlichen Einsatz eigentlich auch etwas zurück? Ja, sagt Rainer Kurze. Sie werden im Schauspiel, in der musikalischen Ausbildung gefördert, lernen von klein auf, selbstständig aufzutreten und Verantwortung zu über-nehmen. Auch bietet der Verein über die Theaterverbände Fort-bildungen an. Es gibt – neben dem Beifall des Publikums – ein kleines Premierengeschenk, außerdem einen jährlichen Vereinsausflug.
Kurze erwähnt zudem Menschen, die im Naturtheater ihr erstes Know-how erworben haben und später ins Profifach gewechselt sind. Das beste Beispiel dafür sei Susanne Heydenreich, die 1980 die Hauptrolle in »Die kleine Hexe« gespielt hat. Die gebürtige Münchnerin hat später jahrelang Stücke im Reutlinger Naturtheater inszeniert und als Intendantin das Stuttgarter Theater der Altstadt geleitet. (GEA)